Zwischen nationalem und internationalem Recht

Unternehmen mit Sitz in der Schweiz und das internationale Rechtsgeflecht

Die Schweiz als Standort der Life Sciences-Industrie ist inzwischen hochattraktiv, weniger als Markt, sondern eher als Unternehmenssitz. Mittlerweile ist sie ein europäisches Ballungszentrum für die bio- pharmazeutische Industrie entlang des gesamten Wertschöpfungsbereiches von Forschung und Entwicklung über Medizin, der Marktversorgung bis hin zur Lohnher- stellung und der Medizintechnik.

Die Unternehmen unterliegen nicht nur den internationalen, regulatorischen Anforderungen des Biopharma Business, sondern ebenfalls den national-, teilweise auch den Kanton-rechtlichen Bestimmungen der Schweiz, sei es aus dem zivilrechtlichen Obligationenrecht oder aus der sogar mittel- bar einwirkenden EMEA/EU Gesetzgebung.

Neben den eigenen Ur-Schweizer Unternehmen sind auch immer mehr Firmen ansässig, die aus den USA, oder Asien gesteuert werden und damit Teil globaler Konzerne sind. Hier kommen ebenso die Anforderun- gen der Stammländer der Mutterunternehmen zum Tragen. Diese Anforderungen und Rechtssysteme betreffen zum Beispiel die Compliance, den Export, die Quality Assurance, das Medizinrecht oder Vorgaben für Einkauf und Supply Chain.

Das sich hieraus ergebende Spannungsverhältnis und die Relevanz für die Vertrags- verhandlung und -bearbeitung, die aus der Mischung dieser Anforderungen entstehen, sind regelmäßig Mittelpunkt des rechtlichen Agierens. Zu nennen wären da aus der Praxis heraus insbesondere die US-amerikanischen Compliance-Anforderungen, die Produkthaftung, klinische Studien, Herstellungsverordnungen und Anforderungen aus anderen Jurisdiktionen (wie zum Beispiel Sunshine Act etc.). Diese finden keine Anwendung im schweizerisch-europäischen Waren- und Leistungsverkehr. Sie müssen jedoch im internationalen Warenverkehr eingehalten werden. Der Unterschied zwischen den klassischen Rechtssystem kern-europäischer Länder wie der Schweiz, Deutschland und Italien und dem anglo-amerikanischen Rechtsverständnis führt im Tagesgeschäft der Rechtsberatung zu Reibungsverlusten in den Verhandlungen und erheblichem Diskussionsbedarf.

Praktische Beispiele finden sich bei den typischen regulatorischen Fragen zur Einfuhr von Prüfmedikation, Bestimmungen zur Qualifizierten Person, dem Export und Import aus beziehungsweise in die USA, der EU und der Schweiz. Bei der Produkthaftung führt der länderübergreifende Einsatz in Markt und Klinik zu einem Risiko, dass sich nicht auf die Schweiz oder die Anwendung schweizerischer Vorschriften reduziert. Zwar kann man die Haftung und Freistellungsverpflichtungen zwischen den Parteien entsprechend regeln (wobei die Haftung hier für grobe Fahrlässigkeit kaum ausgeschlossen werden kann), nach außen hin muss das jedoch nicht immer Wirkung zeigen.

Für Firmen mit Forschung und Entwicklung sind vor allem die Regelungen zur Aufteilung von generiertem geistigem Eigentum wichtig. Während bei forschenden Unternehmen wie auch bei der Lohnherstellung regelmäßig die Freedom to Operate oder Shared IP im Vordergrund stehen, so muss bei solchen Konstellationen regelmäßig ein Check der schweizrechtlichen Bestimmungen in Bezug auf die Aufteilungen bei gemeinsamen Erfindungen erfolgen.

Internationale Verflechtungen

Businessaktivitäten zwischen Unternehmen mit einem Bezug der außerhalb der Schweiz in das internationale Umfeld hineinreicht sind daher auch mit den Prüfungsmaßstäben solcher internationalen Märkte und Vorschriften zu bewerten, so dass nach den Praxiserfahrungen des Autors, letztendlich kaum rein nationale Vorschriften eine Rolle spielen, beziehungsweise deren Nichtbeachtung weitaus weniger rechtlichen Einfluss hat, als ein Vertragsdesign nach rein nationalen Maßstäben.

f.ellinger
Der Autor
Frank Ellinger war länger als zehn Jahre als Inhouse-Counsel bei weltweit führenden Unternehmen der Biopharmazie tätig und bietet mit seiner Kanzlei Business Legals in Biberach und seinem Team Rechtsdienstleistungen für Life Sciences-Unternehmen an. Mehr Informationen gibt es unter www.Business-legals.com.

PDF: Itranskript | Nr. 10 | 18. Jahrgang 2012